Als wir den Gang entlang schlenderten konnte ich mir gut vorstellen, dass hier niemand dachte dass irgendeinem von uns etwas fehlen würde. Aber wie gesagt...ich hatte mich an diese Art von Schmerzen gewöhnt. Er war nämlich nach einer Weile konstant geblieben und solange man mich nicht berührte war es erträglich für mich. Vor dem Untersuchungsraum waren natürlich auch wieder Stühle und wie immer setzte man sich auch dort hin um zu warten.

Anstelle Rob's Beispiel zu folgen und mich hinzusetzen, löste ich mal lieber meine Hand von seiner. Wie bitte sollten wir denn wissen ob wir nicht direkt eintreten konnten, wenn wir nicht anklopften? Also übernahm ich mal den Part, ging zur Tür rüber und klopfte brav an. Es dauerte vielleicht wenige Atemzüge, da wurde die Tür von einem Mann geöffnet, der vermutlich gerade mal Anfang Dreißig war und seinem Aussehen nach zu Urteilen nicht aus Amerika stammte. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen als er von mir zu Rob blickte und schon streckte er seine Hand aus. "Um die späte Stunde noch ein Rippenbruch?", fragte er mit eindeutig italienischem Akzent und konnte seinen zweideutigen Tonfall nicht unterdrücken. Ich verdrehte die Augen und schüttelte seine Hand. "Ein Rippenbruch den er sich vor drei Wochen zugezogen hat.", sagte ich direkt. "Mazzini.", stellte er sich lachend vor. "Pattinson.", lächelte ich. "Gut, Mrs. Pattinson.. ich nehme an das ist der Patient?" Er sah von mir zu Rob und schmunzelte leicht.

Ich verdrehte die Augen als Kristen jetzt auch noch zur Tür ging. Hach man... Und ein leises Seufzen huschte über meine Lippen als dann tatsächlich noch jemand die Tür öffnete. Das durfte doch nicht war sein, dass heute alles nach Kristens Nase gehen musste. Ich verengte kurz die Augen bei dem netten Flirt der Beiden. Aha. Nett. Als der Arzt sich dann auch mal langsam an mich wandte und nicht an meine Frau. - ich wiederhole: meine. Frau. - erhob ich mich von meinem wunderschönen Stuhl und reichte ihm ebenso die Hand. "Rob gefällt mir besser als dieses Patient", sagte ich locker und erwiderte sein seltsames, schmalziges Schmunzeln.

Und schon wieder lachte Doktor Mazzini auf - amüsiert und ganz und gar nicht schmalzig - als er Rob's Worte vernahm. Er schüttelte seine Hand und nickte. "Rob dann also.", meinte er und öffnete dann die Tür ein Stück weiter. "Wollen wir uns den wunderschönen Bruch doch mal genauer ansehen..", meinte er und winkte uns mit seiner Hand hinein. Ich schnappte mir Rob's Hand und zog ihn mit mir ins Untersuchungszimmer. "Wie ist es denn überhaupt dazu gekommen?", fragte er sobald wir den Raum betreten hatten und schloss die Tür. Er deutete uns mit seiner Hand an uns auf die Stühle vor dem Schreibtisch zu setzen und genau das tat zumindest ich dann auch. Doktor Mazzini nahm hinter dem Schreibtisch Platz und zog sich Rob's noch ziemlich dünne Krankenakte hervor, schlug sie auf und überflog die vergangene Krankheitsgeschichte. Er schien nichts zu finden, was auch immer er suchte, und sah wieder auf.

Nachdem wir den wunderschön schmalzigen Raum, des widerlich schmalzigen Italieners betreten hatten setzte ich mich auf den Stuhl, neben Kristen und gegenüber von dem Doc. Ich legte den Kopf schief als er meine Akte herausholte und wartete bis er mich mal wieder ansah, bevor ich erzählte. "Keine Ahnung ob man davon mitbekommen hat, aber ich habe vor 3 Wochen mit ein paar Freunden einen Flugzeugabsturz überlebt. Und ich glaube das ist passiert bevor wir im Wasser waren....Ich weiß nicht mehr genau, aber ich weiß, dass es angefangen hat zu schaukeln und dann sind wir eben durch die Gegend geflogen. Ich bin mit meinem Oberkörper zweimal voll auf eine Tischkante geknallt und konnte dann nicht mehr atmen. Dann wurde mir schwarz vor Augen. Und als ich wieder aufgewacht bin hatte ich die Schmerzen schon. Mehr weiß ich nicht", erklärte ich ganz sachlich.

Nicht nur meine Augen weiteten sich, als Rob begann von dem Absturz zu erzählen sondern auch die des Doktors. Sein Blick huschte zwischen uns hin und her, ehe er sich wieder auf Rob fixierte. Ich wollte gerade meinen Mund öffnen um mal einen Kommentar abzuliefern, da kam mir Mazzini zuvor. "Sie können sich glücklich schätzen so einen Absturz überlebt zu haben und ja, ich habe tatsächlich davon mitbekommen. Ich hoffe alle haben es heile nach Hause geschafft?", fragte er und zumindest ich konnte seine Aufrichtigkeit in der Stimme erkennen - bei Rob's Verhalten im Moment, das mich leicht irritierte, war ich mir da nicht so sicher. "Ich würde gerne ihren Brustkorb abtasten um zunächst zu überprüfen, ob ihre Lunge möglicherweise einen Schaden davongetragen hat. Anschließend erstellen wir noch ein Röntgenbild damit ich das Ausmaß der Verletzung sehen kann." Er erhob sich und deutete auf die Liege. "Würden Sie bitte Ihren Oberkörper freimachen und sich auf den Rücken legen?"

"Ich weiß", seufzte ich leise und bis mir leicht auf die Unterlippe. Dann hörte ich die nächste Frage des Doktors und verzog leicht das Gesicht. Es war nicht so, dass ich an der Pilotin gehangen hatte, aber...sie war eben gestorben. Sowas nahm einen einfach mit, vor allem weil man wusste wie nah man selbst daran vorbei geschrammt ist. Ich schüttelte also leicht den Kopf. "Die Pilotin konnte nicht mehr gefunden werden", flüsterte ich und verstummte dann auch schon. Bei seinen Worten überfiel mich ein Schauder. "Muss das anfassen unbedingt sein?", fragte ich kleinlaut. Bitte...bitte...bitte sag nein. Und trotzdem erhob ich mich vom Stuhl und bewegte mich brav in Richtung Liege. Ich zog mir meine Lederjacke, meinen Hoodie und natürlich auch mein Shirt aus und legte es ans Ende der Liege, dann legte ich mich hin und hatte dabei versucht nicht lange in der sitzenden Position zu verharren.

Der Doc nickte leicht als er Rob's Worte hörte. "Ich bin mir sicher die Pilotin hatte eher das Ziel Sie alle zu retten und die Situation halbwegs unter Kontrolle zu haben, so sehr ihre Verwandten jetzt auch zu trauern haben.", murmelte er leicht bedrückt, wollte damit aber auch das Thema fallen lassen da es nicht unbedingt zu den schönsten Dingen gehörte. Ich blieb brav auf dem Stuhl sitzen während sich Rob schon zu der Liege begab. Mazzini folgte ihm und runzelte leicht die Stirn, auf seine Frage ging er zunächst aus unersichtlichem Grund nicht ein. Er zog sich einen Rollhocker heran, setzte sich und betrachtete Rob's Brustkorb mit einem prüfenden Blick. Seine Hände zielten direkt die rechte Seite an, berührten jedoch nur die umliegenden Stellen, drückten etwas an seiner Haut herum, strafften sie. "Nein, das möchte ich Ihnen nicht unbedingt antun.", sagte er schließlich. "So, wie ich das erkennen kann, hat da nicht nur eine Rippe drunter gelitten. Wir können von Glück sprechen, wenn sie noch nicht oder wenn dann bitte vernünftig zusammengewachsen sind." Er stand wieder vom Stuhl auf und ging zum Medikamentenschrank rüber, den er öffnete und die Flaschen durchsuchte. Als er gefunden hatte, was er suchte, nahm er einen Becher und goss etwas von der Flüssigkeit hinein, das Ganze verdünnte er noch mit Wasser. "Wir werden direkt ein Röntgenbild erstellen. Wenn Sie die Flüssigkeit trinken, kann ich auch auf dem Bild erkennen ob Ihre Lunge etwas abbekommen hat." Mazzini ging zurück zu Rob und reichte ihm den Becher.

Ich schloss die Augen, sobald ich den Blick von Mr. Mazzini auf meiner Brust sah. Gott wie ich mich doch wirklich fürchtete vor seinen Berührungen. Auf der Insel hatte ich wenigstens immer schön einen Hoodie umgebunden, aber jetzt lag ich ja praktisch halbnackt vor ihm und meine Rippen fast völlig entblößt. Mein Atem hatte sich natürlich auch beschleunigt, was die Schmerzen schön förderte. Zwar hatte ich vorher gesagt, dass ich schon schlimmeres überlebt hatte...aber mal ehrlich auf Schmerzen stand ich trotzdem nicht so. Ich biss mir leicht auf die Unterlippe als er mich dann - wenn auch vorsichtig - berührte. Okay es war erträglich was er da machte, unangenehm aber erträglich. Ich hörte die Bestätigung, die mir Peter schon auf der Insel gegeben hatte. "Super", seufzte ich leise und sah dann zu, was er denn da schönes mixte. Ich hob eine Augenbraue hoch und blickte auf das Zeug. Na das sah mal viel versprechend aus. Ich nahm den Becher und warf einen prüfenden Blick darauf, bevor ich den Inhalt trank und natürlich erstmal schön das Gesicht verzog. Das...war wirklich eklig.

Ich biss mir leicht auf die Unterlippe als ich hörte, dass der Arzt irgendwie nicht sonderlich positiv eingestellt klang. Er schmunzelte leicht bei Rob's Gesichtsausdruck. "Ich weiß, nicht wirklich ein Bier aber es gibt Schlimmeres, glauben Sie mir." Er nahm ihm den Becher wieder ab, stellte ihn beiseite und öffnete die Tür zu einem angrenzenden Raum. Er betätigte den Lichtschalter und schon erstrahlte der wunderschön sterile Raum für das Röntgen mit einer Liege in der Mitte. "Gut, dann folgen Sie mir bitte.", sagte er und trat vollständig in den Raum ein. Er ging in einem kleinen Nebenzimmer mit Glasscheibe und fuhr dort die Technik hoch ehe er zurückkam und auch das Röntgengerät anschaltete. "Legen Sie sich bitte auf die Liege. Während ich das Bild erstelle, müssen Sie bitte still liegen.", murmelte er vor sich hin und verschwand schon wieder kurz in den Raum mit den Computern.

"Das will ich mir wirklich nicht vorstellen", erwiderte ich ebenfalls schmunzelnd. Und das war jetzt genau das, was ich nicht so...unbedingt mochte. Das war alles so krank und ich war nicht krank. Trotzdem stand ich ohne Widerworte auf, warf Kristen noch einen bisschen verärgerten Blick zu und folgte dem Arzt zur Liege, worauf ich mich wieder legte. Meine Arme lagen schon wieder an meinen Seiten und ich lag ganz brav dort. "Geht klar", sagte ich noch und versuchte wieder ein Schmunzeln zu Stande zu bringen. Ich wollte heim...in mein Bett, bitte!

Rob's Blick ignorierte ich gekonnt. Er sollte sich mal nicht so anstellen, es wäre ja doch nur schlimmer geworden wenn er morgen erst hierher gekommen wäre. Und sicherlich hätte er dann nicht so einen Arzt bekommen, der die Ruhe weg hatte. Doktor Mazzini ging wieder zu Rob und schloss die Tür zu mir wegen der Röntgenstrahlen. Er platzierte das Gerät genau über Rob's Brustkorb. "Gut, jetzt bitte nicht mehr bewegen und Augen schließen.", sagte er konzentriert und verschwand in den Raum nebenan. Es brauchte ein paar Klicks, einen kontrollierenden Blick auf Rob und schon leuchtete das Röntgenlicht auf. Es vergingen ein paar Minuten bis Mazzini schließlich ein Bild auf dem Bildschirm erhielt. Er seufzte leise und runzelte schon wieder die Stirn, ließ sich das Bild ausdrucken und erhob sich von seinem Stuhl. Er ging zurück zu Rob und entfernte das Gerät welches über ihm schwebte. "Sie können sich gerne wieder anziehen.", verkündete er und kam wieder zurück in den Untersuchungsraum. Das Bild heftete er an eine Lichttafel und musterte mit kritischem Blick das Röntgenbild während er sich Notizen machte.

Die ganze Prozedur überstand ich genau so wie es sich eben gehörte als braver Patient. Ich hielt die Klappe, schloss die Augen und rührte mich nicht, bis ich das Okay hatte mich wieder anziehen zu dürfen. Ich stand wieder auf und lief ebenfalls zurück ins Untersuchungszimmer. Ein Glück hatte ich meine Klamotten wieder. Während ich mich wieder anzog sprach ich natürlich auch schon wieder "Okay, dann kann ich wieder nach Hause, Doc?", fragte ich mit einem vorfreudigen Lächeln auf den Lippen. Da ich vermutete fertig zu sein begab ich mich auch nicht wieder auf die Liege sondern setzte mich wieder zu Kristen und schnappte mir auch direkt ihre Hand.

Als sich Rob zu mir setzte und meine Hand nahm, lächelte ich ihn sanft an. So sehr ich auch die Hoffnung hatte, dass wir gleich wieder ins Auto steigen könnten.. der Blick des Doktors sagte etwas ganz anderes. Es herrschte eine Minute Stille ehe Mazzini den Kopf schüttelte. "Ich fürchte leider nein.", sagte er leise und wandte seinen Blick dann von dem Bild an um Rob und mich anzusehen. "Ich möchte die Diagnose nicht unnötig verschönern. Sie haben sich sechs Rippen gebrochen und mein erster Eindruck hat sich bestätigt. Die Knochen sind nicht anständig wieder zusammengewachsen und ihre Lunge wird von zwei Rippen etwas eingedrückt. Da müssen wir so schnell wie möglich was machen. Es ist nicht so, dass Sie davon sterben werden aber auf Dauer könnte das zu Problemen führen." Er tätigte ein paar Klicke mit der Maus und musterte irgendwas auf dem Bildschirm. "In einer Viertelstunde ist ein OP-Saal frei den wir nutzen könnten.", murmelte er und wandte sich wieder an Rob. "Wir müssen Sie in Vollnarkose versetzen, werden ihren Brustkorb öffnen und die gebrochenen Rippen noch einmal durchtrennen und verdrahten damit sie richtig zusammenwachsen. Es ist kein schwerer Eingriff, also brauchen wir keine starke Narkose. Sie werde maximal für vier Stunden schlafen und sobald Sie wieder wach sind, werden wir Ihnen Schmerzmittel verabreichen und Ihnen einen Stützverband umlegen.", erklärte er. "Danach steht Ihnen nichts mehr im Weg und Sie können nach Hause gehen."

Bei dem was der Arzt jetzt sagte klappte mir der Mund beinahe auf und der Griff um Kristens Hand wurde auch wieder etwas lockerer, weil ich gerade ein bisschen geschockt war. Ich lehnte mich in den Stuhl zurück und schob leicht die Unterlippe vor. "Na so hab ich mir meine erste Nacht in der Heimat aber nicht vorgestellt", murmelte ich fast schon schmollend. Ich guckte kurz auf meine Brust und dann wieder zu dem Arzt. "In einer viertel Stunde sagen sie?", fragte ich noch nach und guckte dann kurz zu Kristen. "Und was ist danach? Bin ich irgendwie temporär eingeschränkt nach der Operation?" Immerhin wollte ich wissen, ob ich dann sitzen könnte oder laufen...oder stehen oder...keine Ahnung was man da noch so machte. Ich wollte einfach wissen wie's danach aussah. Ich seufzte dann nochmal. "Also schön bringen wir's hinter uns"